Durch seine Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof zur Frage der Verjährung des Widerrufsrechts von Ansprüchen bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung in Darlehensverträgen bereits Klarheit geschafften (Urteile vom 28.10.2014 (Az.: XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14). Der Senat geht davon aus, dass diese Ansprüche nicht innerhalb von drei Jahren verjähren, so wie dies grundsätzlich in § 195 BGB geregelt ist. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nämlich erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. Rückforderungsansprüche verjähren dann erst, wenn sie vor mehr als 10 Jahren entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten – kenntnisunabhängigen – 10jährigen Verjährungsfrist keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind.
Ausgehend von dieser Entscheidung muss die Verjährung auch bei Ansprüchen neu bewertet werden, die nach einem wirksamen Widerspruch eines Lebens- oder Rentenversicherungsvertrags nach § 5a VVG a.F. entstanden sind. Dem Versicherungsnehmer war es auch in diesen Fällen aufgrund der bestehenden unklaren Rechtslage nicht zumutbar, Ansprüche im Klagewege durchzusetzen. Klarheit wurde hier nämlich erst durch das Urteil des Bundesgerichts vom 07.05.2014 (Az.: IV ZR 76/11) geschaffen. In diesem hat erstmals ein deutsches Gericht rechtskräftig bestätigt, dass § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf Lebens- und Rentenversicherungen und Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung unanwendbar ist. Rechtsfolge war ein ewiges Widerspruchsrecht für Fälle, die im Anwendungsbereich dieser Regelung lagen. Angesichts des Umstands, dass ein solches Widerspruchsrecht nicht von der älteren Rechtsprechung gebilligt worden waren, war Versicherungsnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich im Laufe des Jahres 2014 eine abweichende gefestigte Rechtsprechung herausgebildet hatte. Seither musste ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen, dass Versicherern die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung künftig versagt werden würde.
Zwischenzeitlich gehen die Obergerichte dazu über, dieser Auffassung zur Hemmung des Verjährungseintritts zu folgen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht hierzu noch aus.
Bereits mit Urteil vom 08.04.2014 (Az.: IV ZR 103/15) hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Verjährung des Bereicherungsanspruchs nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. erst mit dem Widerspruch beginnt.
Sollte der Bundesgerichtshof seine Rechtsauffassung auch auf die Verjährung des Widerspruchsrechts nach § 5a VVG a.F. übertragen, bedeutet dies für Versicherungsnehmer mit betroffenen Versicherungsverträgen:
Ansprüche aus einem bereits erklärten Widerspruch verjähren nicht innerhalb von drei Jahren nach Erklärung des Widerspruchs, sondern spätestens 3 Jahre nach dem Termin, an dem der Bundesgerichtshof eine klare Rechtslage geschaffen hat (07.05.2014). Damit würde die Verjährung erst zum Jahresende 2017 eintreten.
Betroffene Versicherungsnehmer sollten jedoch mit der Anspruchsdurchsetzung nicht zu lange zuwarten: Es besteht noch immer die Möglichkeit, dass sich die Gegenseite im Prozess auf eine Verwirkung der Ansprüche beruft.
Tobias Küverling, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Versicherungsrecht