Die Sparkasse Ulm hatte unter dem Namen „Vorsorgesparen S-Scala“ Ansparverträge mit 25-jähriger Laufzeit an ihre Kunden verkauft, die neben einer Grundverzinsung eine laufzeitabhängige Bonusverzinsung von 3,5 % vorsahen. Während dieser Zinssatz zum Zeitpunkt des Abschlusses noch als durchschnittlich bezeichnet werden konnte, ist er bei dem aktuell niedrigen Zinsniveau für Sparverträge als Traumrendite anzusehen. Für die Sparkasse wurden die Verträge aus diesem Grund aber immer unrentabler und wurden von dieser unter Berufung auf ein außerordentliches Kündigungsrecht gekündigt.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat diese Kündigungen mit zwei aktuellen Urteilen (Az. 9 U 31/15 und 9 U 48/15) als unzulässig bewertet. Der Sparkasse steht nach der Auffassung der Stuttgarter Richter kein Kündigungsrecht zu, da die gesetzliche Regelung, auf die sich die Sparkasse beruft, ausschließlich für Darlehensverträge gilt. Eine Anwendung auf Sparverträge kommt nach der Entscheidung nicht in Betracht.
Ebenso wenig habe die Sparkasse einen Anspruch auf Anpassung der Verzinsung wegen des aktuell niedrigen Zinsniveaus. Sie hat das Risiko einer negativen Zinsentwicklung bereits bei Abschluss der Verträge gekannt und es damit schon zu diesem Zeitpunkt in Kauf genommen.
Zusätzlich bestätigte das Oberlandesgericht, dass sich die Sparkasse auch an ihren Werbeaussagen zu den Scala-Sparverträgen festhalten lassen muss. Die betroffenen Sparer können daher ihre monatlichen Raten auch ohne Zustimmung der Sparkasse zwischen 25,- € und 2.500,- € frei anpassen.
Mit seinen beiden Entscheidungen hat das Oberlandesgericht die vorhergehenden Urteile des Landgerichts Ulm bestätigt, es hat jedoch auch die Revision zum Bundesgerichtshofs zugelassen. Sollte sich die Sparkasse für die Durchführung des Revisionsverfahrens entscheiden, dürfte es für Betroffene auch weiterhin nicht einfach sein, sich gegen eine erfolgte Kündigung selbst zu verteidigen.
Andreas Freitag, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Versicherungsrecht