Der Gesetzgeber hatte das „ewige“ Widerrufsrecht für alte Darlehensverträge, die zwischen dem 01.09.2002 und dem 10.06.2010 abgeschlossen wurden und bei denen der Darlehensnehmer eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten hatte, durch eine Gesetzesänderung zeitlich auf den 21.06.2016 begrenzt. Nach diesem Termin ist das Widerrufsrecht bei betroffenen Darlehensverträgen nunmehr auch bei fehlerhafter Belehrung erloschen.
Da einige Darlehensnehmer noch kurz vor Ablauf der Frist den Widerruf bezüglich der Darlehensverträge erklärt haben, tut sich nun ein neuer juristischer Streitpunkt auf. Unserer Kanzlei liegen bereits erste Schreiben von Banken vor, in denen ein am 21.06.2016 erklärter Widerruf als verspätet zurückgewiesen wird. Es wird ausgeführt, dass die Frist bereits am 20.06.2016 um 24:00 Uhr abgelaufen sei. Hintergrund ist die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung der Ausschlussfrist. In Art. 229 § 38 Abs. 3 BGBEG wurde bestimmt, dass ein fortbestehendes Widerrufsrecht „spätestens drei Monate nach dem 21.03.2016“ erlischt. Juristisch stellt sich dadurch die Frage, ob der 21.03.2016 bei Bestimmung der Frist schon mitzuzählen ist (Fristende dann Ablauf des 20.06.2016) oder die Frist erst am folgenden Tag beginnt (Fristende dann Ablauf des 21.06.2016). Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht bei Monatsfristen beide Berechnungsvarianten vor. Aufgrund der nicht ganz eindeutigen Formulierung des Gesetzgebers ist aktuell umstritten, welche Berechnungsmethode anzuwenden ist.
Was kann ich tun?
Unverhoffte Klärung der Frage über den Widerruf der Darlehensverträge könnte eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeiführen. Dieser hat sich im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde mit den insbesondere bei Sparkassenbelehrungen üblicherweise verwendeten Fußnoten befasst. In der Begründung seines Beschlusses vom 16.06.2016 (1 BvR 873/15) führt das Bundesverfassungsgericht wörtlich aus: „… sondern […] von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ein bereits entstandenes „ewiges“ Widerrufsrecht auch bei Altverträgen nachträglich mit Ablauf des 21. Juni 2016 zu Fall zu bringen, …“ [Unterstreichung durch Verfasser]. Das Bundesverfassungsgericht gibt hier deutlich zu erkennen, dass die Frist nach seiner Auffassung erst mit Ablauf des 21.06.2016 endete und nicht bereits mit Ablauf des 20.06.2016. Unerwartet und zur richtigen Zeit erhalten von dem Verspätungseinwand betroffene Darlehensnehmer damit „juristisch prominente“ Unterstützung bei der Argumentation mit Ihrer Bank.
Andreas Freitag, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Versicherungsrecht