LG Mannheim Betriebsschließungsversicherung

Betriebsschließungsversicherung:

Erstes Urteil bestätigt Argumente für Eintrittspflicht der Versicherer

Als erstes deutsches Gericht befasste sich die 11. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim mit der Ablehnung eines Versicherers, Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung aufgrund der Schließungen wegen des SARS Coronavirus zu erbringen.


Das Gericht vertrat die Auffassung, dass sämtliche Argumente des Versicherers zur Begründung der Leistungsablehnung nicht durchgreifen und dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf die vereinbarte Versicherungsleistung zustehen würde, weil eine bedingungsgemäße faktische Betriebsschließung vorliege. Die Argumentation des Gerichts zu den einzelnen Ablehnungsgründen ist dabei nahezu identisch zu der von unserer Kanzlei vertretenen Auffassung.


Insbesondere stellt das Gericht klar,

  • dass die in den Bedingungen vorgenommene Aufzählung von Infektionskrankheiten nicht abschließend sei, sondern ein Versicherungsnehmer davon ausgehen kann, dass sämtliche in den §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes genannten Krankheiten den Versicherungsschutz auslösen. Das gelte auch, wenn (wie vorliegend) nur die in den Regelungen enthaltene Generalklausel für weitere nicht genannte Krankheiten zur Anwendung komme,
  • dass es sich bei einer behördlichen Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz im versicherungsrechtlichen Sinn nicht zwingend um einen Einzelverwaltungsakt handeln muss und
  • dass sich die Beschränkung von Schließungen auf ausschließlich touristische Übernachtungen wie eine faktische vollständige Schließung auswirken, die von den Versicherungsbedingungen umfasst ist.

Geklagt hatte ein Hotelbetreiber mit Hotelbetrieben in Berlin und Hamburg. Es handelte sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren, also um ein Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz.


Zwar hatte sich das Gericht durch dieses Verfahren im Eilrechtsschutz sehr schnell mit dieser aktuell drängenden Rechtsfrage zu befassen, im vorläufigen Rechtsschutz müssen jedoch weitere Anforderungen erfüllt werden, die vorliegend nach Auffassung des Gerichts nicht gegeben waren.


Sowohl einen Verfügungsgrund, nämlich hier eine existenzielle Notlage, die die Abkürzung des Verfahrens und eine Zahlungspflicht des Versicherers im Eilrechtsschutz ohne Hauptsacheverfahren gerechtfertigt hätte, als auch einen Verfügungsanspruch, nämlich die ausreichende Darlegung des nach den Versicherungsbedingungen eingetretenen Schadens, sah das Gericht nicht ausreichend dargelegt. Aus diesem Gericht hat das Landgericht dem Antrag im Eilverfahren nicht stattgegeben. Klargestellt hat es jedoch, dass es den Versicherer aktuell in einem ordentlichen Gerichtsverfahren sehr wohl zur Leistung verurteilen würde (LG Mannheim, Urteil vom 29. April 2020 Az.: 11 O 66/20).


Die Entscheidung des Landgerichts Mannheims zeigt, dass die Hürden für den vorläufigen Rechtsschutz zur Erlangung einer Versicherungsleistung sehr hoch sind. Die Entscheidung zeigt aber auch, wie das Gericht in einem jetzt noch anzustrengenden Klageverfahren wahrscheinlich urteilen würde – nämlich für den Hotelbetreiber.


Den Versicherer bringt dies in eine unangenehme Situation – er muss nun entscheiden, ob er das Verfahren in der Hauptsache über sich ergehen lässt oder bei einem Vergleichsvorschlag so umfangreich nachbessert, dass es nicht mehr zu einer Verurteilung mit entsprechender Signalwirkung kommt.


Wir empfehlen jedem Versicherungsnehmer daher dringend, jede Leistungsablehnung und jedes Vergleichsangebot fachanwaltlich prüfen zu lassen. Nach unserer Erfahrung sind sehr unterschiedliche Versicherungsbedingungen im Umlauf, die zu differenzierten Bewertungen führen müssten. Eine solche Differenzierung nehmen die Versicherer momentan leider nicht vor.


Die fachanwaltliche Prüfung der Versicherungsunterlagen und Erstberatung führen wir in unserer Kanzlei kostenlos durch.


Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Küverling

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